Ich könnte dir viel über mich und den Tango erzählen – aber dann würdest du ein sehr dickes Buch lesen. Deshalb fasse ich es so zusammen: Ich wurde in Buenos Aires geboren, in eine Tanguero-Familie hinein. Der Tango ist Teil meiner DNA. Meine Eltern waren meine ersten Lehrer.

Schon als Jugendlicher lernte ich das Tanzen in den Milongas – mit Frauen im Alter meiner Mutter und von Milongueros, die so alt waren wie mein Vater. Durch sie verstand ich, was Tango wirklich ist: viel mehr als ein Tanz – es ist eine Art, zu leben und zu fühlen.

Mit der Zeit entdeckte ich meine Leidenschaft fürs Unterrichten. Und ich nahm sie sehr ernst. Denn wenn ich Tango unterrichten wollte, trug ich das Gewicht meiner Familie, meiner Lehrer und meiner Kultur auf meinen Schultern. Ich wusste, dass ihre Blicke meine Absicht und mein Verhalten begleiten würden. Tango verdient Respekt – als tiefe kulturelle Ausdrucksform – und ich konnte es mir nicht leisten, ihn leichtfertig zu behandeln, auch nicht unabsichtlich.

Zu allem, was ich von großartigen Meistern der Milonga und des Tango-Showtanzes gelernt hatte, kam die Ausbildung an den **einzigen beiden offiziellen Institutionen der Welt** hinzu, die Tango-Lehrer professionell ausbilden.

Die eine ist das **CETBA (Centro Educativo del Tango de Buenos Aires)**, die andere die **Casa de la Cultura der Stadt Buenos Aires**. Dort erhielt ich pädagogische Werkzeuge und Wissen über die Körpermechanik, die mir zuvor unbekannt waren – Fähigkeiten, mit denen ein Lehrer aus jedem Schüler einen Tänzer machen kann.

Doch mein wirklicher Wendepunkt als Lehrer kam durch **Maestro Rodolfo Dinzel**, bei dem ich zwei Jahre lang das große Privileg hatte zu lernen. Durch ihn erlebte ich den Tango auf einer Tiefe, die ich mir nie hätte vorstellen können.

Manchmal fühle ich mich als Tangolehrer wie **Morpheus in *Matrix***, wenn er Neo Kung-Fu beibringt.

Viele Schüler kommen zu mir und glauben, dass sie nicht tanzen können – dass Tango etwas Fernes oder Unmögliches sei. Aber ich weiß, dass ich ihre Wahrnehmung verändern kann. Denn ich unterrichte nicht nur Schritte und Figuren – ich zeige ihnen, dass sie ihre eigenen Grenzen sprengen können. Dass sie keine jahrelange Theorie brauchen, um zu spüren, sich zu verbinden, sich ohne Angst zu umarmen und im Flow der Musik zu tanzen. Am Ende geschieht der Tanz, wenn der Verstand loslässt… und die Seele beginnt zu tanzen.

Meine Stunden sind nicht einfach „Unterricht“. Jede Klasse ist eine **transformierende Erfahrung**. Doch letztlich bin ich nur der Bote – **nicht die Botschaft**.

Der Tango wartet auf dich.

Guillermo Brizuela